Anfang der Woche hat mir ein guter Freund erzählt, dass er mit Kollegen den Passo Stelvio fahren möchte. Leider war es mir an diesem Tag nicht möglich mitzugehen, aber jetzt war der Stelvio in meinem Kopf und ich wollte ihn unbedingt fahren 😀 . Daraufhin habe ich mir direkt den nächsten Freitag ins Auge gefasst, da das Wetter nochmals richtig gut werden sollte, sonnig mit knapp über 20 Grad. Der Freitag kam und das Wetter war unverändert, so habe ich morgens voller Vorfreude mein Velo und alles was es braucht ins Auto gepackt und los ging es.
Zuerst ging es mit dem Auto über ein paar Pässe wie Flüela- und Ofenpass 🙂 . Damit stieg auch die Nervosität in mir, ist der Stelvio doch mit seinen 48 Kehren auf 24,6 Kilometer immerhin der höchste Strassenpass von Italien. Nach einem Frühstück unterwegs kam ich bei meinem Ausgangspunkt in Santa Anna an und machte mich parat für einen weiteren Pass, der schon lange auf meiner Bucket Liste ganz weit oben stand. Mit erhöhtem Puls und voller Vorfreude auf das, was mich erwartet ging es dann endlich los mit ca. 20 Kilometer einrollen nach Prad wo der Anstieg beginnt. Der Anstieg war Anfangs sehr zügig zu fahren und es ging durch ein paar kleinere Ortschaften.
Kurz war ich mir unsicher, ob ich vielleicht sogar zu schnell unterwegs bin, aber dann war es auch schon vorbei mit dem sanften Anstieg und es ging stetig hoch, bis sich die Steigung bei 10 % einpendelte. An dieser Stelle kam dann auch das erste Schild, das einem verrät, dass nun 48 Spitzkehren auf einen warten. Nun hiess es meinen eigenen Rhythmus finden und so eine Kehre nach der anderen nehmen. Die weiteren Schilder liessen auf sich warten und zu dieser Zeit ist man sehr von Bäumen umgeben, so dass ich genug Zeit hatte um nachzudenken. Mir wurde bewusst das ich noch einige Kilometer vor mir habe und ich macht mir auf einmal Gedanken, ob ich Pausen einplanen sollte und wann ich was essen sollte. Zum Glück wurden die unnötigen Gedanken von anderen Radfahrern unterbrochen, die sich ebenfalls das Abenteuer Stelvio an diesem Tag vorgenommen hatten. So ergaben sich nette Gespräche und die Kehren wurden weniger.
Erst bei Kehre 33, eine Linkskehre wie alle ungeraden, änderte sich die Umgebung. Die Bäume wurden deutlich weniger und gaben endlich den Blick frei auf eine atemberaubende Landschaft. Das war auch ganz gut, denn so liessen sich die nächsten Kehren gut fahren, auch wenn die Steigung nie wirklich unter 10 % ging. Nur für einen kurzen Moment konnte man mal rollen lassen, den für paar weniger hundert Meter ging es runter, bevor es direkt wieder in die Steigung geht mit 10 %. Da merkte ich meine Beine und ich brauchte kurz um wieder meinen Tritt zu finden, um die nächsten Kehren zu fahren. Dann nach einigen verträumten Momenten ging es um eine weitere Kehre und ich war nun komplett aus den Bäumen draussen. Mein erster Blick war direkt auf die Wand und ging da auch erstmal nicht mehr weg, mit ihren verbliebenen 22 Kehren auf 7 Kilometern, die noch auf mich warteten.
Die Passhöhe sah auf einmal so unendlich weit weg aus, aber umdrehen war natürlich keine Option 😉 und so fuhr ich einfach weiter meinen Rhythmus. Ich konnte gar nicht genug bekommen von der Umgebung und so ging es Kehre um Kehre weiter bis ganz nach oben. Auf 2757 Metern, oben angekommen, war ich mehr als glücklich und musste mir ein paar Freudentränen verkneifen.
Die Stimmung oben mit den ganzen Shops und vielen anderen Fahrern, die ebenfalls oben angekommen waren, ist einmalig und bereitet mir Gänsehaut, wenn ich daran denke. So hatte ich oben ein paar nette Gespräche, habe die Sonne genossen bevor es über den Umbrail Pass nach unten und zurück zu meinem Ausgangspunkt Santa Anna ging. Ganz klar einer meiner Favoriten unter den Pässen und ich werde ihn sicher wieder fahren. Ich kann jedem nur empfehlen, der gerne Pässe fährt, den Stelvio einmal zu fahren und vergesst nicht Bescheid zu geben, den ich wäre sofort dabei 😉 Und hier die Fahrt auf Strava: Passo Stelvio